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Ein bemerkenswerter Tag: Familie Lucas besuchte Bad Münstereifel

Das Bild zeigt Familie Lucas auf dem Jüdischen Friedhof in Bad Münstereifel

Beim Besuch des Jüdischen Friedhofes (v.l.n.r.: Katie Cooper, Gerry Lucas, Angela Lucas und Arthur Cooper)

Das Bild zeigt Familie Lucas vor dem früheren Wohnhaus ihrer Familie in der Langenhecke

Die Gäste vor dem früheren Wohn- und Geschäftshaus der Familie Lucas in der Langenhecke 1 (vordere Reihe v.l.n.r.: Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, Arthur Cooper, Angela Lucas und Katie Cooper; hintere Reihe: Harald Bongart und Gerry Lucas)

Das Bild zeigt Katie Cooper, Arthur Cooper und Gerry Lucas beim Studium der Archivakten.

Beim Studium der Archivakten. Anhand der Passunterlagen ließ sich der Exodus der Familie Lucas minutiös nachvollziehen. (v.l.n.r.: Katie Cooper, Arthur Cooper und Gerry Lucas)

In vielfacher Hinsicht war der 11. Juli 2019 ein bemerkenswerter Tag. An diesem Tag besuchten Gäste aus London Bad Münstereifel: Gerry Lucas, seine Frau Angela, die gemeinsame Tochter Katie Cooper und der Enkel Arthur Cooper.

In vielfacher Hinsicht war der 11. Juli 2019 ein bemerkenswerter Tag. An diesem Tag besuchten Gäste aus London Bad Münstereifel: Gerry Lucas, seine Frau Angela, die gemeinsame Tochter Katie Cooper und der Enkel Arthur Cooper.

Gleichzeitig bot der 11. Juli als Jahrestag Gelegenheit, an den Beginn der Juden-Emanzipation im Rheinland zu erinnern, denn die Gäste aus London sind mosaischen Glaubens.

Am 11. Juli 1843 wurde eine Entwicklung eingeleitet, die zur rechtlichen Gleichstellung der Juden mit ihren christlichen Nachbarn führte. Drei Generationen später unterschieden sich jüdische und christliche Nachbarn nur noch durch die Religionsausübung. In Bad Münstereifel waren die jüdischen Mitbürger bestens integriert. Sie engagierten sich für die Stadt, beteiligten sich an Vereinsgründungen, übernahmen auch Vereinsvorsitze und wurden in den Rat der Stadt gewählt. Dann wurde Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt. Die Folgen sind bekannt. Wer jüdisch war wurde diskriminiert, entrechtet, verfolgt und ermordet. Einige Juden aus Bad Münstereifel entkamen der Verfolgung durch Emigration. Als Letztem gelang dies Andreas Lucas. Er reiste am 31. August 1939 über Aachen in die Niederlande und weiter nach England aus. Seine neue Heimat fand er in London. Dort gründete er eine Familie.

Nun also besuchten sein Sohn Gerry und dessen Familie Bad Münstereifel, wo sie ein bemerkenswertes Besuchsprogramm erwartete. The ice cream on top of the cake war in den Augen der britischen Gäste der Empfang bei Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian. In entspannter Atmosphäre lernten sich das Bad Münstereifeler Stadtoberhaupt und die Gäste kennen. Gerry Lucas erklärte, dass der Besuch in Bad Münstereifel sein Geschenk an seinen Enkel Arthur sei, der Anfang Mai dieses Jahres Bar Mizwa feierte. Traditionell schenke man Jungen zu diesem Anlass gerne eine Reise nach Jerusalem, doch für Gerry Lucas war es bedeutsamer, seinem Enkel die Heimatstadt seines Vaters Andreas zu zeigen. Natürlich tauschten die Gäste und die Bürgermeisterin ebenfalls Geschenke aus. Frau Preiser-Marian überreichte einen Bildband mit 200 historischen Fotos aus Bad Münstereifel. Gerry Lucas schenkte ihr einen kunstvollen Chanukka-Leuchter. Er erzählte auch, dass er darauf hinarbeitet, wieder die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Das sei ihm wichtig, da die Familie Lucas mehr als 300 Jahre in Deutschland lebte und nur unter dem Druck des Naziregimes Deutschland verlassen habe. Frau Preiser-Marian versprach, ihn in seinem Anliegen zu unterstützen und verband diese Zusage mit einigen grundlegenden Aussagen zum Stellenwert der Erinnerungskultur in Bad Münstereifel.

Nach dem sehr kurzweiligen Kennenlernen, an dem auch die Vertreterinnen und Vertreter der Presse teilnahmen, stellten sich die Gastgeberin und die Gäste vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Lucas zum gemeinsamen Erinnerungsfoto.

Ein besonderes Foto hatte zuvor Herr Friedhelm Ebbecke-Bückendorf an Familie Lucas überreicht. Er war eigens aus Eschweiler bei Aachen angereist, wo er sich seit vielen Jahren in der Erinnerungskultur engagiert und für diese auch in den Medien arbeitet. Er schenkte Gerry Lucas ein Foto von der Verlegung der Stolpersteine für dessen Großonkel Selig Lucas und dessen Frau, die im Lager Westerbork, NL, interniert waren und ebenfalls im Holocaust umkamen.

Für den gemeinsamen Mittagsimbiss entschieden sich die Gäste aus England für einen Besuch im Le Petit am Entenmarkt 2. In diesem Haus war 1875 David Kaufmann geboren worden, der während des Dritten Reiches rund 200 Menschen vor dem Holocaust rettete, indem er ihnen die Einreise in die USA ermöglichte.

In Begleitung von Stadthistoriker Harald Bongart bewegten sich die Gäste dann durch die jüdische Geschichte Bad Münstereifels und besuchten gemeinsam den Jüdischen Friedhof. Dort folgte der bewegendste Programmpunkt: Zunächst sang Gerry Lucas zum Gedenken an die Deportierten aus Bad Münstereifel einen Kaddisch und dann spielte Juli Bazzazi auf der Violine das von John Williams komponierte Thema aus "Schindlers Liste". Alle Anwesenden waren tief berührt.

Zurück im Rathaus recherchierte Arthur Cooper im Historischen Sitzungssaal anhand von Originaldokumenten aus dem Archiv der Stadt Bad Münstereifel die Ausreise seiner Vorfahren im Jahr 1939. Ein besonderer Moment war es für ihn und seine Familie, als er die Kennkarte seines Urgroßvaters Andreas Lucas in den Archivunterlagen entdeckte. Dieser Ausweis wurde beim Grenzübertritt von den deutschen Zollbehörden eingezogen und an die ausstellende Behörde nach Münstereifel zurück geschickt. Hätte Andreas Lucas vor 80 Jahren mit seiner Ausreise nur einen Tag länger gewartet, hätte er sich nicht mehr retten können: Am 1. September 1939 erfolgte der Angriff auf Polen und ab dem 3. September befanden sich Deutschland und Großbritannien im Krieg.

Mit einem Besuch beim scheidenden stellvertretenden Direktor des Städt. St.-Michael-Gymnasiums, Michael Mombaur, der in den zehn zurückliegenden Jahren die Erinnerungskultur in Bad Münstereifel auf einen neuen Level führte, endete für Familie Lucas der Tag in Bad Münstereifel. Nach ihrem eigenen Bekunden wird er ihnen dauerhaft im Gedächtnis bleiben.

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